Zu Gast an der ESB Business School war am 14. Februar Prof. Dr. Lars Feld, Leiter des Walter-Eucken-Instituts, Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Professor für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Universität Freiburg.
Auf Initiative von Prof. Dr. Christoph Binder, Studiendekan BSc International Management Double Degree, kam Prof. Dr. Feld nach Reutlingen um den Professorinnen, Professoren und Studierenden einen Einblick in seine Arbeit im Sachverständigenrat zu geben, eine Bestandsaufnahme der deutschen und europäischen Wirtschaft vorzunehmen und dahingehende Reformen zu diskutieren.
Der Sachverständigenrat besteht aus fünf Professorinnen und Professoren, die durch den Bundespräsidenten für fünf Jahre berufen werden. Zunächst erläuterte Prof. Dr. Feld die Aufträge des Sachverständigenrats. Das Gremium untersucht, wie das magische Viereck (Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsgrad und außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum) erreicht werden kann. Außerdem zeigt der Rat Fehlentwicklungen und Möglichkeiten zu deren Beseitigung auf und stellt die aktuelle wirtschaftliche Lage und Entwicklung dar.
Das Jahresgutachten 2017 des Sachverständigenrates zeigt unter Betrachtung makroökonomischer Kennzahlen, dass Deutschland aktuell wirtschaftlich sehr gut dasteht. Der Arbeitsmarkt weist einen Rückgang der Arbeitslosenquote, der atypischen Beschäftigungen sowie einen hohen Beschäftigungsgrad auf. Gleichzeitig ist die Produktionslücke positiv: Die vorhandenen Kapazitäten werden vollständig aus- und sogar überlastet. Damit einher geht das Risiko der Überhitzung der Wirtschaft. Prof. Dr. Feld kritisierte die expansive Geldpolitik der EZB insofern, als dass das Ausmaß der Expansion zu weit gehe und somit zur Überhitzung der Wirtschaft beitrage. Auch wies er darauf hin, dass die Staaten in der EU seit 2015 keine Sparpolitik mehr betreiben, sondern ebenso expansiv wirtschaften. Vor diesem Hintergrund formuliert der Sachverständigenrat die Anregung, die Wirtschaft nicht weiter anzuheizen und bspw. Steuersenkungen zurückzuhalten.
Prof. Dr. Feld ging auf Vorstellungen der voraussichtlich neuen Regierung ein und bewertete diese aus Sicht des Sachverständigenrates. So beurteilte er im Hinblick auf den Arbeitsmarkt bspw. die Bestrebungen, die Ganztagsbetreuung für Kinder auszubauen genauso wie die Schaffung eines Einwanderungsgesetzes als positiv. Er kritisierte Initiativen für weitere Restriktionen des Kündigungsschutzrechtes oder die tarifliche Belastung des Gewinns, bei der Deutschland nach den Reformen in den USA und Frankreich in den kommenden Jahren Spitzenreiter sein wird.
Hinsichtlich des Euro-Raums legte Prof. Dr. Feld dar, dass die deutsche Strategie der Konsolidierung der Schulden aufgehe und diese gesenkt werden können, in den anderen Ländern jedoch lediglich eine Stagnation der Staatsschulden herbeigeführt wird. Dies betrachtet er vor allem kritisch im Hinblick auf einen möglichen exogenen Schock, bei dem die Staaten somit keine Möglichkeit haben, in der Fiskalpolitik expansiv zu agieren. Die Banken- und Kapitalmarkt-Union könnte solch einen Schock teilweise auffangen und für Absicherung sorgen. Prof. Dr. Feld sprach sich skeptisch gegenüber Vorschlägen der fiskalpolitischen Maßnahmen auf EU-Ebene wie bspw. der Schaffung eines europäischen Finanzministers aus, da dieser bei souveränen Mitgliedstaaten kaum wirken könnte.
Prof. Dr. Feld appellierte am Ende seines Vortrages an die Anwesenden, die Globalisierung als ein die weltweite Armut bekämpfendes Mittel zu verstehen. Er verdeutlichte dies anhand des Wachstums der finanziellen Integration und des Warenhandelsvolumens, welche mit einer Abnahme der absoluten und relativen Armut einhergehen. Gleichzeitig führte er an, dass für die Globalisierung Protektionismus bekämpft und vor allem nicht als Mittel eingesetzt werden sollte.
Der kurzweilige Vortrag weckte bei den Studierenden großes Interesse und so beantwortete Prof. Dr. Feld zahlreiche Nachfragen des Publikums. Diese bezogen sich unter anderem auf die Digitalisierung, bezüglich derer der Vortragende weniger Regulierung von Seiten der Regierung forderte, oder zur direkten Demokratie, deren positive wirtschaftliche Auswirkungen er anhand der Beispiele Schweiz und USA hervorhob. Die Anwesenden waren sich einig, dass die Veranstaltung zahlreiche Impulse auslösen konnte, wofür Professorinnen, Professoren und Studierende Prof. Dr. Feld dankten.